Chimäre

Chimäre

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Chi|mä|re 〈[çi-] f. 19〉 oV Chimära
1. grch. Sagenungeheuer (vorn Löwe, in der Mitte Ziege, hinten Drache)
2. Pflanze mit genotyp. verschiedenen Geweben, bedingt durch Plastidenspaltung, Mutationen, irreguläre Mitose od. künstl. Gewebeverschiebung durch Pfropfung, Pfropfbastard
[<grch. chimaira „Ziege“]

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Chi|mä|re [çi'mɛ:rə ], die; -, -n [nach dem Ungeheuer der griech. Sage Chimära, griech. Chi̓maira]:
1. Schimäre.
2. (Biol.) Organismus od. einzelner Trieb, der aus genetisch verschiedenen Zellen aufgebaut ist.

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Chimäre
 
[ç-],
 
 1) die, -/-n, Genetik: Bezeichnung für Individuen, die aus genetisch unterschiedlichen Teilen bestehen. Die Bildung von Chimären ist in Änderungen der Zusammensetzung des genetischen Materials (z. B. Zahl der Chromosomen, Chromosomenaberrationen) erst nach der Zygotenbildung begründet. Ursprünglich war der Begriff der Chimäre von dem des Mosaiks abgegrenzt: eine Chimäre bestand demnach aus Zellen von zwei oder mehr genetisch verschiedenen Organismen, beim Mosaik waren die genetischen Unterschiede durch Anomalitäten der Zellteilung entstanden. Heute werden beide Begriffe nahezu synonym verwendet.
 
Chimären können spontan entstehen oder induziert werden. Künstlich erzeugt werden sie durch Pfropfung oder Transplantation von Geweben oder Zellen. Modernere Verfahren bedienen sich der Zellfusion oder der Transformation von Zellen mit rekombinierten Nukleinsäuren. Für solche Nukleinsäuremoleküle, die durch In-vitro-Rekombination von Anteilen aus verschiedenen Quellen entstanden sind (Gentechnologie), wurde der Chimärenbegriff auch für den molekularen Bereich übernommen, z. B. als DNA-Chimäre.
 
Bei Pflanzen bilden sich Chimärentriebe nach einer Pfropfung zuweilen an der Verwachsung aus den Geweben von Pfropfreis und Unterlage. Besteht nur ein Sektor des Sprosses aus einem, der Rest aus dem anderen Gewebe, spricht man von Sektorialchimäre, folgen die Anteile schichtweise, von Periklinalchimäre. Pflanzliche Chimären können auch durch Zellfusion und Kombination genetisch unterschiedlicher Protoplasten (zellwandlose Einzelzellen) erzeugt werden. Hybridpflanzen aus Protoplasten verschiedener Art (z. B. Kartoffel × Tomate) wurden erfolgreich gezüchtet.
 
Bei Tieren können Chimären durch Kombination genetisch verschiedener Zellen (z. B. durch Injektion einer oder mehrerer fremder Zellen in die Blastozyste eines Embryos) während der frühen Furchungsteilungen hergestellt werden oder durch Verpflanzung von Gewebeteilen entstehen, z. B. Molchzähne am Froschkopf. Somatische Mutationen (Mutationen in Körperzellen, nicht in Zellen der Keimbahn) führen zu Mosaikbildungen in Organen (Organ-Chimäre).
 
 2) die, -, griechischer Mythos: griechisch Chịmaira, ein Feuer schnaubendes Ungeheuer; nach Homer vorn Löwe, in der Mitte Ziege, hinten Schlange; nach Hesiod besaß die Chimäre drei Köpfe (von Löwe, Ziege und Schlange); sie wurde von Bellerophon getötet. Die Chimäre wird seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. meist zusammen mit Bellerophon auf protokorinthische sowie attische Vasen dargestellt, auch auf Münzen u. a.; berühmt ist die Chimäre von Arezzo, eine etruskische Bronzeplastik (5. Jahrhundert v. Chr.; Florenz, Museo Archeologico); im Mittelalter als Verkörperung des Bösen in der Buchmalerei, auf Mosaiken und in Stein.

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Chi|mä|re [çi'mɛ:rə], die; -, -n [nach dem Ungeheuer der griech. Sage Chimära, griech. Chímaira]: 1. Schimäre. 2. (Biol.) Organismus od. einzelner Trieb, der aus genetisch verschiedenen Zellen aufgebaut ist.
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Schi|mä|re, (bes. österr.:) Chimäre, die; -, -n [frz. chimère < lat. chimaera, ↑Chimäre] (bildungsspr.): Trugbild, Hirngespinst: einer S. nachjagen; ... weil die Revolution, für die er gekämpft hatte, aus einer Idee zur S. verdampfte (Andersch, Rote 140).

Universal-Lexikon. 2012.

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